Neues aus der Fahrradstadt

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Ganz neu und mehr City geht nicht mehr. Trotzdem vergisst die „Fahrradstadt Hamburg“ sogar hier den Radweg. Nur gepennt? Oder sogar Sabotage?

Heute morgen, mein Blick geht ins Abendblatt, sehe ich schon auf der Titelseite, dass die GRÜNEN (Bezirk Nord) die Bürger ermutigen wollen, die Stadt zu verklagen, weil diese außer bis in alle Ewigkeit irgendwelche Pläne zu erarbeiten bisher nichts, absolut gar nichts unternimmt, den Kampf gegen die Luftverschmutzung endlich anzugehen. [„Grüne ermutigen Bürger: Klagt gegen schlechte Luft!“, Hamburger Abendblatt, 27. Oktober 2016 (googlen)] Das ist eigentlich eine gute Sache, das Problem ist nur, dass es da diese andere Kleinigkeit gibt. Die Stadt klagt nämlich gegen ein Urteil, das mahnt, zügig einen Luftreinhalteplan vorzulegen [„Senat ficht Urteil zum Luftreinhalteplan an“ Zeit Online, 4. August 2016]. „Die Stadt“ – das ist rot-GRÜN.

Wie arm ist das denn?! Wenn ich als GRÜNE Partei aus Koalitionsfriedensgründen gegen ein solches Urteil klage, welches übrigens der Bund für UMWELT- und NATURSCHUTZ Deutschland erwirkt hat, dann verbietet es sich schlicht, andere, wahrscheinlich sogar am besten die eigenen GRÜNEN-Wähler, die Drecksarbeit machen zu lassen, indem diese nun wieder gegen die Stadt (also gegen rot-GRÜN) klagen sollen. Ich habe diese GRÜNEN natürlich gleich mal darauf angesprochen:

tja, das ist eben 1 komplexer Prozess. Darum die Veranstaltung. Komm doch vorbei+diskutier mit:

Da gibt’s nix komplexes! Was ihr da macht, ist einfach krank. Und Verarsche. Sorry.

Es ist komplex, lasst uns diskutieren – soso. Das nennt man wahrscheinlich auch gleich die neue Bürgerbeteiligung 3.0.. So armselig zu scheitern und dann noch auf solche spitzfindigen Ideen zu kommen. Interessanter Ansatz. Und mit diesen Leuten soll Hamburg nun Fahrradstadt  werden?!

Und das, wo es ohnehin wieder gefährlicher geworden ist, auf hanseatischen Straßen als Radfahrer oder Fußgänger unterwegs zu sein? Entgegen fast allen anderen Bundesländern, in denen der Trend in eine andere, eine bessere Richtung zeigt? Das ist leider kein Witz, wie ganz aktuelle Zahlen es eindrucksvoll unter die Augen reiben. Allein vor wenigen Tagen gab es in Hamburg eine Serie heftigster und tödlicher Unfälle, die sicher den meisten Hamburgern, denen ihre Stadt nicht restlos egal ist, noch gut in Erinnerung sein müsste und die in den neuesten Zahlen nicht einmal enthalten sind. Traurig. Weit entfernt von „Vision Zero“. Alltag auf Hamburgs Straßen. #RadSkandal. [„Gegen Bundestrend: Zahl der Verkehrstoten in Hamburg nimmt wieder zu“, NahverkehrHAMBURG, 25. Oktober 2016] Dass so ganz nebenbei auch die Luft nicht besser wird – Stichwort Abgasskandal -, zeigt schonungslos die neue 44 minütige Doku „Das Märchen vom sauberen Auto“ des SWR. Auch wenn die Hauptfigur einen leicht naiven Eindruck macht – das Drumherum ist top. So lernen wir, dass auch die Bundesregierung schon vorher Bescheid wusste – und bis heute untätig bleibt.

Mit den GRÜNEN, die im Wahlkampf außer dem Wörtchen „Fahrradstadt“ nicht viel sagen konnten, die leider nicht das Verkehrsressort bekommen haben, nur eine Fahrradkoordinatorin installieren konnten, welche den Radverkehr (man höre und staune!) mitdenken will, soll nun alles besser werden. GRÜNE, die nun mitverantwortlich sind für vieles, was einfach nur noch Murks ist:
Schrägparkplätze an der neu gestalteten Fuhlsbütteler Straße hinter Schutzstreifen, teilweise keine Schutzstreifen mehr in der neuen Osterstraße, erst recht nicht, wenn man bald aus dem umgebauten Kreisel am Klosterstern in die abzweigenden Straßen abbiegen möchte oder eben, auch ganz neu, wie am Großen Burstah, mitten in der City, wo man den Radweg der einfachheithalber gleich ganz vergessen hat. Oder Fahrradstraßen, auf denen gefühlt alle 100 Meter angehalten werden muss (Uferstraße). Oder, oder, oder.

Dabei gibt es natürlich viel zu tun, wie es auch eine GRÜNE richtig erkannt hat. „Rausgeschmissenes Geld“ [Mopo, 19. Oktober 2016], nennt die GRÜNEN Sprecherin Julia Offen den geplanten Fahrradstraßen Umbau am Leinpfad und fordert, stattdessen lieber die Sierichstraße in Angriff zu nehmen. Da traue sich aber keiner ran. Recht hat sie. Auch die GRÜNEN trauen sich nicht und der Tweet von Julia Offen, der der Sache zugrunde liegt, wurde gelöscht. Alles klar?

Wir werden uns in den nächsten Tagen auch mit dem adfc-Hamburg Vorstand und einigen Verkehrsexperten zusammensetzen. Es geht darum, ob wir zu gemeinsamen Linien finden und sich auch der adfc Hamburg für KURS FAHRRADSTADT einsetzen kann. Da gibt es sicher sehr viele Gemeinsamkeiten. Aber auch einige Dinge, die wir ganz klar ganz anders sehen. Ein „Hauptknackpunkt“ stellt wahrscheinlich gleich unsere erste der fünf Forderungen dar, in der es heisst: Wir erwarten eine inklusive, geschützte Radwege-Infrastruktur nach besten Vorbildern“. Das passt noch nicht ganz zur Linie des Hamburger adfc’s, der nach wie vor auf das Radfahren auf der Fahrbahn setzt [„Was soll die Streifenmalerei“, adfc Hamburg, 28. 03. 2015]. Vor allem tut er es deshalb, weil es „auf dem Weg hin zu null Verkehrstoten und null Schwerverletzten (»Vision Zero«), dem eigentlichen Ziel des adfc,  größere Schritte notwendig wären – die sind aber politisch noch nicht durchsetzbar.“
Genau darum gibt es ja aber KURS FAHRRADSTADT. Weil wir nicht an das glauben, was durchsetzbar ist, sondern an das, was alles geht. Z.B. in Kopenhagen. „Wenn Sie bei einer fixen Fläche den Fahrradanteil erhöhen wollen, gibt es nur eines: Sie müssen dem Autoverkehr Raum wegnehmen“, sagt Mikael Colville-Andersen, CEO von „copenhagenize design“ im Zeit Artikel „Mach’s wie Kopenhagen“[Zeit Online, 16. 02. 2012]. Oder wie in den Staaten: Auch dort hat man gelernt, dass es eine deutliche Steigerung des Radverkehrs nur mit guten Radwegen, Bike-Lanes, gibt. 46% der der Befragten in einer Studie in Portland gaben an, dass sie viel öfter Rad fahren würden, wenn es eine physische Barriere zwischen Autos und Radfahrern gibt. [http://trec.pdx.edu/research/project/583]

In Deutschland stimmten in einer Umfrage der ZEIT Online 80% mit „Nein“ auf die schlichte Frage, ob „Sie sich sicher im Straßenverkehr fühlen“. [„Wo Radfahrer in ihrer Zone auf Grün warten“, ZEIT Online, 20. 10. 2016, am Ende des Artikels]

Vor diesem Hintergrund: Dagegen, einfach das Beste zu fordern, kann eigentlich keiner etwas haben. Auch nicht der adfc.

Neben dem Fahrradclub möchten uns auch gerne die Macher der „Fahrradsternfahrt Hamburg“ kennenlernen. Auch darüber freuen wir uns!

Es gibt noch ein paar Dinge, die erfreuen. So ist der Umbau der Osterstraße angeblich, so berichtet es der NDR, mit dem „Deutschen Verkehrsplanungspreis“ ausgezeichnet worden. Auch das Hamburger Abendblatt lässt sich nicht lumpen und macht aus einer Anerkennung einen Preis. Normal für Hamburg, wo ohnehin alles immer in Superlativen gedacht wird? Den Preis hatten aber nicht die Ingenieure  von ARGUS gewonnen, sondern die Stadt Kassel mit dem „Ausbau der Frierich-Ebert-Straße – Von der Verkehrsachse zum Boulevard“. Die Jury votierte sogar einstimmig.

Zum Schluss noch etwas richtig Schönes:
Wir haben bereits drei prominente Unterzeichner hinter KURS FAHRRADSTADT versammeln können: Prof. Dr. Alexander Bassen von der Universität Hamburg. Bassen ist Mitglied im „Rat für NACHHALTIGE Entwicklung“ der Bundesregierung. https://www.nachhaltigkeitsrat.de/der-rat/mitglieder-des-rates/prof-dr-alexander-bassen/

Schön auch, dass der Umweltwissenschaftler Mathias Lintl KURS FAHRRADSTADT unterstützt. Bekannt wurde er vor allem auch durch den Betrieb der Soulkitchenhalle 2010 – 2013 als freien Kunst – und Kulturort. Aktuell betreut er das Projekt „Refugium für urban gestresste Menschen“ in Hamburg Neuenfelde.

Gerade haben wir uns sehr gefreut, als gestern der Schauspieler und bekennende Radfahrer Peter Lohmeyer KURS FAHRRADSTADT unterzeichnet hat und nun zu unseren prominenten Unterstützern gehört. „ich unterschreibe, weil ich mich ohne große Sorgen auf mein Fahrrad schwingen möchte, immer die Nase im Wind.“ Wie engagiert sich der Schauspieler für das umweltfreundliche Verkehrsmittel einsetzt, konnten viele Hamburgerinnen und Hamburger erst kürzlich auf der ZEIT-Veranstaltung „Straßenkampf in der Hansestadt oder lassen sich Fahrrad- und Autoverkehr versöhnen“ am 5.10.2016 erleben. Dieses Jahr ist Peter Lohmeyer zudem Preisträger als die „Fahrradfreundlichste Persönlichkeit 2016“. http://www.der-deutsche-fahrradpreis.de/preistraeger/preistraeger-archiv/2016.html#c1907

Ein Gedanke zu „Neues aus der Fahrradstadt“

  1. Biete doch dem ADFC Vorstand mal eine geführte Radtour für deren Kinder an. Stresemannstraße/Bornkampsweg, wo die lieben Kleinen Radstreifen zwischen Autospuren erleben können, die ihre Eltern so toll und sicher finden. Der ADFC Vorstand wird doch bestimmt bei dem Vorschlag vor Freude in die Hände klatschen, oder?

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